28.11.2022 | Tim Wagner: Darum solltest du als Läufer eine Leistungsdiagnostik durchführen lassen
Hey Ho! Cool, dass du auch heute wieder Zeit gefunden hast, den Artikel zu lesen! Wie du an der Überschrift schon erkennen kannst, geht es heute um das Prozedere einer Leistungsdiagnostik. Wir erklären dir, was bei einer Leistungsdiagnostik passiert, was genau gemessen wird und was dir eine Leistungsdiagnostik als Läufer und Sportler überhaupt bringt. Eins kann ich vorab sagen: Wenn du noch nie bei einer Diagnostik warst, dann gönn dir diese fürs nächste Jahr auf jeden Fall. Du wirst im Laufe des Artikels sicher erkennen, dass es dich und dein Training auf jeden Fall bereichern wird. Ein paar Empfehlungen guter Diagnostiker findest du am Ende des Artikels ebenfalls. Ich rede schon wieder viel zu viel um den heißen Brei… Los gehts mit den wirklich wichtigen Fakten 🙂 .
Für diejenigen, die das Verfahren einer Leistungsdiagnostik noch nicht kennen, kommt hier eine grobe Erklärung des Verfahrens:
Gut 90 Minuten nimmt eine Diagnostik in Anspruch. Zu Beginn erhältst du einen Anamnesebogen mit einigen Fragen, die dein sportliches Empfinden dokumentieren soll und dem Diagnostiker einen ersten Eindruck über dich als Sportler und Person verschafft. Deine aktuellen Trainingsumfänge, deine Bestzeiten, aktuelle Wettkampfleistungen oder dein aktuelles körperliches Wohlbefinden, also ob du derzeit eine Verletzung auskurierst, über Schwindel klagst oder sonstige Einschränkungen hast. Wenn schon bekannt, dann wird auch deine maximale Herzfrequenz abgefragt. Fall du diese nicht kennst, dann ist das auch kein Problem, denn im Laufe der Diagnostik wird deine HFmax ermittelt. Ach so, du wirst bei der Vorbesprechung auch gefragt, was deine Ziele sind und warum du hier bist. Mache dir also im besten Fall schon im Vorfeld ein paar Gedanken über deine nächsten Ziele. Denn wenn dein Diagnostiker deine Ziele kennt, so kann er dir direkt im Anschluss an die Diagnostik ein paar wertvolle Tipps geben, um deine Ziele konkret vorzubereiten.
Nach der Anamnese/Nach dem Vorgespräch geht es an den sportpraktischen Test. Achtung: Es gibt mehrere Arten von Leistungsdiagnostiken. Für Läuferinnen und Läufer eignet sich die Diagnostik als Laufbandstufentest mit Laktatmessung oder der Feldstufentest. Ich gehe im weiteren Verlauf auf den Laufbandstufentest ein, da dieser wohl das präziseste Verfahren darstellt. Als Radsportler eignet sich die Spiroergometrie auf dem Radergometer. Kläre im Vorfeld also auf jeden Fall ab, nach welchem Verfahren die Leistungsdiagnostik durchgeführt wird. Als Läufer macht die Diagnostik auf dem Radergometer weniger Sinn, da die Bewegung auf dem Rad, also das Treten nach Watt, eine ganz andere ist als die Laufbewegung. Oftmals kommt man als Läufer bei einer Raddiagnostik nicht an sein maximales Leistungsvermögen und hat daher keine genauen Werte, mit denen man dann sein Training bestimmen kann. Aber nun weiter im Text
Bevor es ernst wird, hier noch ein, zwei sehr hilfreiche Tipps, die man vor der Diagnostik unbedingt beachten soll:
Wenn Du eine Leistungsdiagnostik planst, dann plane auch dein Training drum herum entsprechend. Es nützt nichts, wenn du am Vorabend noch einen Tempodauerlauf bolzt oder gar an einem Wettkampf teilnimmst, da du am Tage der Diagnostik dann niemals an deine maximale Leistungsfähigkeit herankommst. Zusätzlich solltest du 2-3h vor der Diagnostik auf Koffein (Kaffee/ Energy Drinks etc.) verzichten, da Koffein deine Herzfrequenz erhöht. Noch ein Tipp: Verfälsche deine Ergebnisse auch nicht durch kurzfristige Einnahme von zuckerhaltigen Lebensmitteln. Wenn du 1h vor der Diagnostik noch eine Banane isst oder einen Traubenzucker, dann verfälscht das auch deine Werte, da dein Energiestoffwechsel sich logischerweise an dem leicht bekömmlichen Zucker bedient. Ja, das klingt komisch, aber man möchte ja so ehrliche und genaue Werte wie möglich erhalten. Und solltest du Medikamente einnehmen, die deinen Blutdruck beeinflussen, so gib dies auch auf jeden Fall bei der Anamnese an! Betablocker oder ähnliche Medikamente meine ich zum Beispiel.
Wie läuft also das Verfahren einer Leistungsdiagnostik – der Laufbandstufentest mit Laktatmessung – ab?
Der sportliche Teil der Diagnostik nimmt in etwa 20 – 25 Minuten in Anspruch. Du wirst mit einem Burstgurt ausgestattet, um die Herzfrequenz genau messen zu können. Bei einigen wenigen Diagnostikzentren wird auch eine Atemgasanalyse durchgeführt, wundere dich also nicht, wenn du eine recht große Maske um den Kopf gelegt bekommst. Diese misst wie gerade kurz angeschnitten deine Sauerstoffaufnahme bei fortschreitender Belastung. Bei meiner letzten Diagnostik war keine Atemgasanalyse dabei, deshalb gehe ich hier jetzt auch nicht näher ins Detail. Wenn du auf dem Laufband stehst, dann wird dir mit einer spitzen Lanzette in dein Ohrläppchen gestochen, damit der Diagnostiker die Laktatkonzentration im Blut messen kann. Keine Sorge, das tut nicht weh und hört sich weitaus schlimmer an, als es eigentlich ist. Bevor das Laufband gestartet wird, misst der Diagnostiker die Herzfrequenz und die Laktatkonzentration. Dann werden stufenweise 2-minütige Intervalle auf dem Laufband gelaufen, unmittelbar im Anschluss an das Intervall misst der Diagnostiker (s. Foto) das Laktat im Blut sowie die Herzfrequenz und trägt diese Daten zusammen. Bei mir wurde das Laufband bei 10km/h gestartet und dann stufenweise um 1,5 km/h je Intervall bis 24 km/h gesteigert. Man läuft also so lange, bis man nicht mehr kann und quasi an einer Auslastung angekommen ist. Zusätzlich zur Laktatbestimmung und Herzfrequenzmessung fragt der Diagnostiker das Empfinden der Anstrengung pro Stufe auf einer Skala (10-20) ab. Quizfrage: Was passiert mit Laktatwert und Herzfrequenz bei steigendem Tempo? Ganz genau, die Herzfrequenz steigt und auch der Laktatwert nimmt zu.
Querverweis: Was ist Laktat? Laktat ist ein Stoffwechselprodukt, das entsteht, wenn der Körper einer (intensiven) Ausdauerbelastung ausgesetzt ist. Auch in Ruhe produziert der Körper schon etwas Laktat, bei mir waren es etwa 0,5 Laktat/mmol. Für die Streber unter uns: Laktat ist das Endprodukt des anaeroben laktaziden Stoffwechsels und in meinen Augen DER Indikator für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit. Bei steigender Belastung nimmt die Laktatbildung und auch der Abbau des Laktats, zu. Dabei wird irgendwann eine Intensität erreicht, bei der die Bildung gerade noch der des Abbaus entspricht. Irgendwann kommt der Körper nicht mehr mit dem Abbau des Laktats hinterher und produziert mehr Laktat als er abbauen kann. Im Volksmund spricht man dann von Übersäuern. Das merkt man zum Beispiel nach einem recht intensiven Intervalltraining, wenn nach dem vierten 1.000m Intervall die Muskulatur sprichwörtlich zu brennen beginnt.
Okay, das Stufenverfahren ist klar, aber was genau wird bei der Diagnostik nun ermittelt?
Eine Leistungsdiagnostik bestimmt neben deiner maximalen Herzfrequenz auch deine Trainingsbereiche (nach Pace und Herzfrequenz), auf Basis derer du dein Training dann noch genauer steuern kannst.
Besonders für ambitioniertere Läuferinnen und Läufer kann das eine wirklich sinnvolle Investition für das eigene Training sein. Ein Satz zu den Trainingsbereichen:
- SSL – Supersauerstofflauf (66-70 % der Hfmax)
- LDL – Langsamer Dauerlauf (71-75 % der Hfmax)
- MDL – Mittlerer Dauerlauf (76-80 % der Hfmax)
- ZDL – Zügiger Dauerlauf (81-85 % der Hfmax)
Die Laktatmessung gibt dir Aufschlüsse über deine Stoffwechselsituation. Hier muss man vorsichtig sein mit Behauptungen, da jeder Sportler genetisch bedingt eine andere Laktatverträglichkeit/Toleranz besitzt und auch die Bildung des Laktats durch die Genetik beeinflusst wird. Grundsätzlich kann man aber behaupten, dass je langsamer Laktat gebildet wird, desto leistungsfähiger der Stoffwechsel ist. Warum? Wenn kein/wenig Laktat gebildet wird, dann ist der aerobe Energiestoffwechsel für die Energiebereitstellung verantwortlich, was wiederum heißt, dass du mit recht wenig Aufwand ein gewisses Tempo laufen kannst. Eine Faustformel, die den heroben Energiestoffwechsel mit einer Intensität ansatzweise vergleicht: Laufen ohne zu Schnaufen 🙂 Auch die Festlegung deiner laktatbasierten Schwellen lassen sich durch die Diagnostik feststellen. Ich gehe hier aber jetzt nicht näher ins Detail, da allein die Schwellen einen eigenen Blogbeitrag füllen würden.
Eine Wiederholung der Diagnostik nach ein paar Monaten optimiertem Training ist sinnvoll, um zu schauen, ob sich die Laktatkonzentration bei gleichem Tempo verbessert hat (im besten Fall ist der Wert bei der 2. Messung also etwas geringer) und das Endtempo, also die letzte Stufe der Diagnostik, vielleicht auch etwas länger durchgelaufen werden kann. Auch die Herzfrequenz könnte sich schon leicht geändert haben, wenn das Training anschlägt.
Natürlich kostet so eine Untersuchung Geld, aber ich sage dir, dass sich die Erkenntnisse sofort wieder bezahlt machen, weil du langfristig dein Training optimieren kannst. Und teurer wie ein Paar Nike Vaporfly (ca 250€) sind die meisten Diagnostiken auch nicht
Herrje, beim Durchlesen meines Artikels ist mir eine Sache ganz durchgerutscht! Für mich ist der wichtigste Grund, warum ich eine Leistungsdiagnostik durchführen lasse, die Erkenntnis, dass ich sportgesund bin. Sollten meine Werte aus der Reihe tanzen, so erkennt der Diagnostiker dies frühzeitig und bricht den Test womöglich sogar ab und schickt mich zum Kardiologen. Das kommt in der Regel natürlich nicht oft vor, allein aber die Erkenntnis, dass ich ein gesundes und funktionierendes Herz habe, ist mir (fast) jeden Preis wert.
Hier findest du ein paar Empfehlungen von uns bekannten und für gut befundenen Diagnostikern:
Laufcampus Akademie um Andreas Butz und Yannick Reihs (53879 Euskirchen – Großraum Köln)
Fit2Run Beckum um Martin und Nicole Franzke (Beckum – Westfalen)
Ausdauerschule by Bunert um Roman Schulte-Zurhausen (Essen – Ruhrgebiet) http://runsmart.de/diagnostik/leistungsdiagnostik/laktatleistungsdiag