17.05.2020 | Der erste Roland Marathon
Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen. Die Corona-Pandemie hält die Welt in Schach, ausgefallene Veranstaltungen und Feste, wohin man schaut und kein Ende in Sicht.
Not macht bekanntlich erfinderisch und so finden momentan viele Laufveranstaltungen virtuell unter dem Motto #stayathome oder #alleinsam statt und viele Läufer entwickeln kreative Ideen.
Die Idee zum ersten Roland Marathon entstand erst in der vergangenen Woche. Martin hatte sich in diesem Jahr vorgenommen, pro Monat einen Marathon (als Trainingslauf) zu absolvieren und so entstand die Idee, den Mai-Marathon einfach zu Hause zu laufen. Eine 8,4 km lange Runde durch und um das schöne Roland war schnell gefunden und sollte 5 mal durchlaufen werden, um die magischen 42,195 km zu vollenden.
Einen Marathon zu laufen stand nie auf meiner Bucket List, die Vorbereitung zu aufwendig, die Strecke viel zu lang, nichts für mich. Dennoch fand ich die Idee mit dem Roland Marathon toll, die Runde war ich schon oft gelaufen und sie schien mir nicht besonders lang, 5 mal müsste doch zu schaffen sein. Da der Lauf bereits am Sonntag, dem 17.5.20 stattfinden sollte, brauchte ich mir über die Vorbereitung auch keine Gedanken zu machen, es war schlicht keine Zeit. Im Grunde eine verrückte und nicht unbedingt empfehlenswerte Idee, aber manchmal muss man einfach etwas Verrücktes tun, einfach so.
So standen Martin und ich also am Sonntagvormittag an unserer virtuellen Startlinie (einer Pflasterlinie im Asphalt) auf der Viktoriastraße und gingen auf die erste Runde. Der Lauf war perfekt organisiert, eine Bank im Vorgarten meiner Eltern diente als Verpflegungsstelle und da wir auch an unserem Haus in jeder Runde vorbeikamen standen sanitäre Anlagen ebenfalls zur Verfügung, welch ein Luxus.
Martin und ich liefen nicht im Wettkampftempo, dafür bedarf es einer gründlichen Vorbereitung, sondern absolvierten unseren Long Run, den langsamen Dauerlauf, jeder in seinem individuellen Tempo. Der Vorteil am Runden laufen ist, dass man sich unterwegs begegnet (gut für die Motivation) und auch jederzeit aussteigen kann, ein wichtiger Aspekt für mich, da ich nicht sicher sein konnte es über die komplette Distanz zu schaffen. Das Wetter war top, am Himmel gab es tolle Wolkenbilder zu bestaunen, die ersten beiden Runden lief es richtig gut. Mit der dritten Runde lief ich über meine übliche Long Run Distanz hinaus. Die Muskulatur bemerkte dies sofort und machte sich bemerkbar. Ich passte das Tempo an, mir war durchaus bewusst, dass ich gerade erst die Hälfte der Marathon-Distanz bewältigt hatte. Ich hatte mir fest vorgenommen, nicht an das große Ganze zu denken, sondern einfach Runde für Runde zu laufen. Darauf besann ich mich und ging relativ frohen Mutes nach einer kleinen Stärkungspause in die vierte Runde, schließlich hatte ich nichts zu verlieren. Das Tempo wurde langsamer, aber die Beine wollten noch und so lief ich weiter.
Martin hatte seinen Mai-Marathon unterdessen nach 3:28:20 erfolgreich beendet, eine grandiose Leistung für einen Long Run. Er hatte angeboten, mich auf der 5. Runde zu begleiten, sofern ich denn eine 5. Runde laufen wollte.
Von wollen konnte nicht unbedingt die Rede sein, aber nachdem ich nun schon 34 km auf der Uhr hatte und die Marathon-Distanz „nur“ noch 8,2 km entfernt war, musste ich es zumindest probieren und so machten wir uns gemeinsam auf diese für mich finale Runde. Die Beine wurden schwer und auch Atemprobleme stellten sich ein, aber aufgeben war nun keine Option mehr. Und schließlich, nach genau 5:29:49 finishte ich meinen ersten Marathon ohne nennenswerten Zieleinlauf mitten auf der Augustastraße in Roland, was will man mehr?!
Da das Teilnehmerfeld überschaubar war (2) ging der Gesamtsieg bei den Herren natürlich an Martin und der Gesamtsieg der Frauen an mich, wann gewinnt man schon mal einen Marathon? Leider gab es weder Medaille noch Urkunde, aber ein Finisher-Shirt ist angedacht!
Alles in allem eine coole Aktion, ein cooler Tag und auf jeden Fall ein Highlight in dieser erlebnisarmen Corona-Zeit.
Ob ich nochmal einen Marathon laufen werde? Ich denke eher nicht. Die Strecke ist mir immer noch zu lang und die Vorbereitung zu umfangreich. Ich sehe es als „Once in a lifetime“ Erlebnis, das ich sicher nicht vergessen werde ?.
Nicole
Eine wirklich schöne Idee sich auf diese Art einem Ziel anzunähern, wobei alle Optionen offen bleiben. Das baut weniger Druck auf. Der Laufgenuss steht beim LongRun deutlicher im Vordergrund. So würde ich es bei meiner angepeilten Halbmarathon-Distanz auch angehen wollen. So wie Du es erlebt und geschrieben hast, finde ich das sehr sympathisch. Und am Schönsten sind eh die Dinge, spontan bis aus der Norm heraus, weil herrlich menschlich und bewahrend. Herzlichen Glückwunsch nochmal an dieser Stelle, liebe Nicole!